Lass uns reparieren, was kaputt ist

Arbeitsmoral war gestern

Neulich sass ich mit meinem Freund im Restaurant und bekam beim Gehen zufällig das Gespräch unseres Nachbartisches mit.

Jemand erzählte, er hätte eine Unterhaltung mit seinem Vater gehabt, in der sich dieser dafür entschuldigte, seinem Sohn die falschen Werte mitgegeben zu haben.

Es sei ein guter junger Mann aus ihm geworden, aber für die heutige Zeit wäre er wohl völlig unvorbereitet.

Heute würden Werte der Selbstdarstellung zählen, des „Sich-Behauptens“ und des „Sich-Verkaufen-Könnens“. Wer Karriere machen wolle, der käme mit Verständnis und Rücksicht nicht sehr weit, sondern müsse lernen seine Ellenbogen pragmatisch einzusetzen und profitabel zu denken.

Das überhörte Gespräch ging mir noch eine ganze Weile nach.

Wertlos? Niemand muss verlieren

Ich liess in Gedanken einige meiner beruflichen Erfahrungen der letzten zehn Jahre Revue passieren. Irgendwo hatte sein Vater schon recht beobachtet.

Es reicht einfach nicht seinen Job nur sehr gut oder zuverlässig zu erledigen.

Wer freundlich lächelt, gerne zuvorkommend ist und sich dabei auch noch leise und bedacht verhält, der wird in vielen traditionellen Corporate-Szenarien erst gar nicht ernst genommen.

Wer dagegen am lautesten „Ich“ schreien kann aber schon.

Wer nicht weiss, mit wem es sich taktisch am besten Mittagessen lässt, der bleibt langfristig auf der Karriere-Strecke.

Und wer denkt, er wisse wie sich die Leute in seinem Team zu seinen Gunsten manipulieren liessen, der wird irgendwann erkennen, dass er selbst die ganze Zeit als Marionette ausgespielt wurde.

Ich weiss nicht wie es dir ergeht, aber meine Berufserfahrungen lehnen sich leider durchaus an den obigen Beobachtungen an.

Sind wir denn alle gebrainwashed?

Schon klar, dass wir in unseren Jobs nicht alle unter Glücksbärchis auf rosa Wolken tanzen, aber wo ziehe ich bei aller Profitorientierung denn die Grenze, um dabei als Mensch nicht völlig abstumpfen zu müssen?

Unternehmenswerte, die nach aussen gelebt werden, erscheinen oft absolut hohl von innen. Und das Feedback erhalte ich bedauernder Weise von enorm vielen Leuten aus meinem Umfeld.

Sind wir denn alle gebrainwashed, um solche Verhältnisse überhaupt akzeptieren zu wollen? Wie kommt es nun, dass immer mehr Menschen frustriert in ihrem Arbeitsverhältnis sind und dennoch alle mitmachen?

Konkurrenz kennt wohl keine Nächstenliebe

Trotz einiger kollegialen Momente hier und da, erleben viele ein starkes Gefühl des Getrenntseins innerhalb des Unternehmens.

Steht dort nämlich nur das Produkt oder die Dienstleistung im Fokus, nicht aber der Mitarbeiter, so entstehen ungesunde Dynamiken, die das zwischenmenschliche Zusammensein oft unerträglich werden lassen.

Überhaupt scheint das Thema Nächstenliebe völlig fehl am Platz, wenn es um die Karriere geht. Schliesslich zeigt sich die Liebe auch mal verletzlich. Und wer sich beruflich verletzlich zeigt, ist angreifbar.

Aber einmal zwischen uns: Liebe ist es doch, was das Leben lebenswert macht. Und noch dazu ist sie nicht schwach, sondern das stärkste Band einer zwischenmenschlichen Begegnung!

Weshalb also nicht achtsamer und liebenswerter miteinander umgehen wollen?

Werte des Conscious Capitalism leben

Streben wir nicht alle nach etwas Sinnvollem?

Den jungen Generationen strebt es nach bewusst gelebtem Kapitalismus und der hört zum Glück nicht bei einem Fair-Trade-Label auf der Verpackung auf, sondern beginnt in den eigenen Reihen.

Wenn sich Mitarbeiter wohl fühlen, sind sie doch automatisch produktiver.

Und um das erreichen zu können, sollte eine Unternehmenskultur vorherrschen in der sich Mitarbeiter als ganzer Menschen wahrgenommen fühlen, sodass sie ihre Potentiale voll entfalten können.

Wieso sollten nur Investoren und Kunden eine wichtige Rolle spielen dürfen?

Lieferanten und Mitarbeiter tragen schliesslich eine genauso grosse Rolle zum Erfolg eines Unternehmens bei. Und nein, niemand ist ersetzbar.

Ziel sollte deshalb sein, alle Interessengruppen eines Unternehmens zufriedenstellend zu integrieren.

John Mackey, Gründer von Whole Foods Market in den USA, beschreibt diesen gesunden Ansatz in seinem Buch „Conscious Capitalism“ sehr ausführlich.

Lass uns von Work-Life-Integration sprechen

Heute sprechen wir von Work-Life-Integration und da gehören Home-Office und Teilzeitarbeit einfach dazu. Es gibt schliesslich einen Grund weshalb Google von seinen Mitarbeitern so gehyped wird und eines der erfolgreichsten Unternehmen unserer Zeit ist.

John Mackey erklärt auch, dass erfolgreiche Unternehmen heutzutage eine sinnvolle Mission verfolgen müssen und sich diese mit der Zeit auch weiterentwickeln sollte.

Führungskräfte, denen es lediglich nach Geld und Macht giert, werden es im heutigen Zeitalter immer schwerer haben.

Geht es dem Unternehmen also lediglich um Profit, fliehen junge Arbeitskräfte binnen kürzester Zeit voller Unverständnis und grossem Frust davon. Auch Lieferanten und Konsumenten boykottieren es im Extremfall.

Nach aussen hin demaskiert, kämpfen viele Unternehmen mit einem klaren Image-Schaden.

Wir alle tragen die Fairantwortung

Schon klar: mit dem Finger zeigen fällt ja immer etwas leichter, als sich an die eigene Nase zu fassen.

Selbstverständlich braucht es Zeit, um ein grosses Schiff in eine neue Richtung zu lenken und eine bestehende Unternehmenskultur neu auszurichten.

Da fällt es neu gegründeten Start-ups doch weitaus leichter von vorne herein alles „richtig“ zu machen.

Es ist für einen frischen Entrepreneur eben einfacher eine werteorientierte Vision zu verfolgen und eine sinnvolle Mission zu leben, als es das für ein etabliertes Multi-Nationales-Traditionsunternehmen ist.

Ich denke, die meisten Führungskräfte merken durchaus, dass es Zeit für einige interne Veränderungen ist.

Prozess der Neufindung

Veränderungsprozesse im inneren einer Unternehmensstruktur brauchen Zeit, um von allen Beteiligten verstanden und akzeptiert zu werden. Zeit, um sich mit den neuen Ansätzen identifizieren zu wollen und diese fest als neue Unternehmenskultur leben zu können.

Oft helfen dabei auch externe Berater mit neutralem Blick für die Situation, sowie eine offene Gesprächskultur mit allen Steakholdern, also den Mitarbeitern inklusive.

Sich trauen, offen miteinander zu kommunizieren und das Gefühl zu haben gehört zu werden, spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Ähnlich wie im eigenen Leben

Wie sind denn deine persönlichen Erfahrungen damit?

• Brauchst du nicht auch ab und zu die Rückmeldung deines Umfeldes, um zu erkennen wieso dir manche deiner Verhaltensweisen einfach nicht mehr dienlich sind?
• Einen Spiegel, um zu sehen, dass du hier und da vielleicht doch gewisse angestaubte Einstellung haben könntest?
• Und wie offen bist du denn tatsächlich für eine solche Rückmeldung?

Manchmal tut es ja auch gut sich anonym austauschen zu dürfen. Mit jemandem, der einen neutralen Blick mitbringt, ganz ohne Wertung.

Tarot kann so ein guter Ratgeber sein.

Um abschliessend den anfänglichen Gedanken des Artikels nochmals aufzugreifen: ja, unsere Erziehung prägt uns selbstverständlich. Das soziale Umfeld auch. Aber als Erwachsener tragen wir vorallem Selbstverantwortung für uns, unsere Werte und unser Verhalten den Mitmenschen gegenüber. Und das gilt auch auf der Arbeit.

Lieben Dank für deine Zeit,

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